
Wilfrid Schultz
Wilfrid Schulz: Vom Rotlichtkönig zum Boxpromoter – Die Legende von St. Pauli
Herkunft und Aufstieg:
Wilfrid Schulz wurde 1928 in Hamburg geboren und wuchs in einem Umfeld auf, das von harten Sitten und einem rauen Straßenleben geprägt war. Seine Karriere begann in den 1960er Jahren als Bananenpacker im Hafen und später als Kellner auf dem Kiez. Schon in jungen Jahren fand er seinen Weg ins Rotlichtmilieu und erarbeitete sich dort durch eine Mischung aus Intelligenz, Charme und Kompromisslosigkeit einen gefürchteten Ruf. Seine Fähigkeit, Konflikte effizient zu lösen, brachte ihm schnell Respekt ein und ermöglichte seinen steilen Aufstieg innerhalb der Hamburger Unterwelt.
Sein Einfluss gründete sich maßgeblich darauf, dass er 1965 die Wiener Zuhälter aus St. Pauli vertrieb. Seine rechte Hand, „Dakota Uwe“, stach dem Chef der Österreicher siebenmal in den Allerwertesten – eine deutliche Botschaft an alle, die versuchten, sich in sein Territorium einzumischen.
Neben seinen Aktivitäten im Rotlichtmilieu engagierte sich Schulz in den 1970er Jahren verstärkt im Profiboxen. Er organisierte hochkarätige Kämpfe in renommierten Veranstaltungsorten wie der Ernst-Merck-Halle, der Sporthalle Hamburg und dem CCH. Bekannte Boxer wie Lothar Abend, Frank Wissenbach und Karl-Heinz Klein traten auf seinen Events an. Besonders berühmt wurde die „Box-Gala ’77“, bei der Schulz das Boxen als gesellschaftliches Ereignis inszenierte und prominente Gäste wie Katja Ebstein und Roberto Blanco anzog. Trotz des großen Erfolgs wurde die Veranstaltung von der Hamburger Justiz als „Treffen der Halbwelt“ kritisch betrachtet. Doch Schulz verfolgte weiterhin das Ziel, den Boxsport salonfähig zu machen, und bewies damit seine Vielseitigkeit und seinen Einfluss über das Milieu hinaus.
Schulz versuchte sich, immer in bestem Zwirn gewandet, als respektabler Geschäftsmann alter hanseatischer Prägung darzustellen. Durch gezielte Bestechung eines zuständigen Beamten sicherte er sich sogar das Monopol für den Bratwurstverkauf im Volksparkstadion.
Der Pate von St. Pauli: Macht, Respekt und Angst
In den 1970er Jahren war Wilfrid Schulz der uneingeschränkte Herrscher über die Reeperbahn. 23 Mal ermittelte die Polizei gegen ihn, doch jedes Verfahren endete mit einem Freispruch. Als „Pate von St. Pauli“ lenkte er das Geschäft mit der Prostitution und den Spielsalons. Seinen Spitznamen „Frieda“, der von einer nervigen Blumenverkäuferin inspiriert war, mochte er nicht.
Sein Führungsstil war durch Disziplin und Konsequenz geprägt, doch gegenüber seinen Geschäftspartnern und den Frauen im Milieu bewies er eine gewisse Fairness. Wer sich ihm jedoch in den Weg stellte, musste mit harten Konsequenzen rechnen.
Eine der berühmtesten Episoden aus seiner Zeit als Kiez-Größe betrifft österreichische Zuhälter die versuchten, sich in Hamburgs Rotlichtszene einzumischen. Schulz lockte ihn in eine Falle ließ ihn von seinem Mann fürs Grobe „Dakota Uwe“ brutal zusammenschlagen – eine unmissverständliche Warnung für alle, die seine Autorität infrage stellten. Dieser Vorfall führte zu einem legendären Gerichtsprozess, in dem das Opfer auf die Frage des Richters, wie er sich seine Verletzungen zugezogen habe, antwortete: „Ich bin ins Messer gefallen.“ Der Richter erwiderte trocken: „Siebenmal?“
Schlißlich verliessen die Österreicher den Kiez.
Ein anderer Mann für heikle Missionen war Milan. Sein Sohn ist übrigens Luciano – der Kiezpate, der auf seinen Touren viel über Schultz und sein privates Leben erzählen kann.
Einfluss und Niedergang: Der Wandel auf dem Kiez
In den späten 1970er Jahren begann Schulz‘ Einfluss zu schwinden. Neue Gruppierungen wie die Nutella-Bande und die GmbH drängten auf den Kiez und veränderten die Dynamik des Milieus. Die gesellschaftlichen Veränderungen, darunter die Angst vor AIDS und der zunehmende Drogenhandel, trugen ebenfalls zum Umbruch bei. Mit dem neuen Geschäftsfeld Drogen wollte Schulz jedoch nichts zu tun haben und zog sich langsam zurück.
Anfang der 1980er Jahre betrieb er zuletzt das Edelbordell „Café Cherie“ am Steindamm in St. Georg. 1983 wurde Schulz nach längerer Observierungen im Nachbarhaus seiner Wohnung in Blankleneses wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Als er frei kam, war seine Zeit vorbei.
Die Legende von Wilfrid „Frida“ Schulz: Eine Hamburger Ikone
Trotz seines Falls bleibt Wilfrid Schulz eine der bekanntesten Figuren des Hamburger Rotlichtviertels. Sein Name steht für eine Ära, in der strategisches Geschick, Kontrolle und Macht das Geschehen auf St. Pauli bestimmten. Anders als viele seiner Nachfolger setzte Schulz weniger auf rohe Gewalt, sondern auf Taktik und Diplomatie, um seine Position zu festigen.
Sein Einfluss reichte weit über das Milieu hinaus, besonders in die Boxszene, wo er sich als erfolgreicher Veranstalter etablierte. Sein eleganter Kleidungsstil – von gestreiften Anzügen über Krokodillederschuhe bis zur obligatorischen Zigarre – unterstrich seinen Status als charismatischer, aber gefährlicher Geschäftsmann.
Wilfrid Schulz starb Anfang der 1990er Jahre an einem Krebsleiden. Die Geschichte von Wilfrid Schulz bleibt untrennbar mit St. Pauli verbunden. Sein Vermächtnis ist ein faszinierendes Kapitel in der Geschichte des Hamburger Kiezes, das bis heute in Erinnerung bleibt.
In der amazon prime serie Luden wird Wilfried Schultz von dem Schauspiler Nicki von Tempelhoff verkörpert.